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Ein Leben lang sterben

Der Tod. Kein einfaches Thema und die meisten vermeiden es sich mit diesem im Leben auseinanderzusetzen. Meistens nur dann, wenn uns keine andere Wahl bleibt. Den Tod verbinden wir mit negativ konnotierten Wörtern: Friedhof, Ende, Nichtexistenz, Trauer, Verlust. Es macht einfach keinen Spaß sich mit diesen Begriffen und den zusammenhängenden Gefühlen zu beschäftigen. Mit ein Grund warum es zu einer Tabuisierung in unserer Gesellschaft kommt.

Der Tod wird von vielen als unnatürlich wahrgenommen, dabei ist er doch das natürlichste auf der Welt. In der Natur ist alles vergänglich, der Mensch ist dabei keine Ausnahme. Wenn wir uns das bewusstmachen, verliert unser Leben an Bedeutung, dabei messen wir diesem eine unglaubliche Wichtigkeit bei. Jeden Tag stecken wir ungeheure Energie in unseren Alltag, um uns Wünsche zu erfüllen und etwas im Leben erreichen zu können. Natürlich ist es uns wichtig, wie auch die uns nahstehenden Menschen. Eine Auffassung von unserer Lebenszeit, die nur wenige in Frage stellen wollen. Würde der Tod nicht genau das, was uns so lieb und teuer ist, in Gefahr bringen?

 

So geht mit dem Thema Tod auch die Angst einher. Doch wovor haben wir genau Angst? Der ehemalige SPIEGEL-Journalist Tiziano Terzani schreibt, kurz vor seinem Tod:

 

„Was uns vor Angst erstarren lässt, wenn wir an den Augenblick des Todes denken, ist die Vorstellung, dass in dem Moment alles, woran wir hängen, verschwindet. Wir glauben, all das zu sein, was wir mit dem Tod zu verlieren fürchten. Unsere Identität.“ 

 

Vielleicht entsteht diese Angst auch aus einer gewissen Hilflosigkeit heraus. Der Mensch kann nicht ändern, dass er sterben wird. Die Ungewissheit, was nach dem Leben kommt, ob überhaupt etwas kommt, lässt uns schaudern. Im Leben können wir uns wenigstens der Illusion hingeben etwas unter Kontrolle zu haben. Das gibt uns die nötige Sicherheit. Dem Tod wiederum stehen wir ohnmächtig gegenüber.

 

Eine verständliche Angst! Doch wie würde sich unser Leben ändern, wenn wir neugierig auf den Tod wären? Wir uns von allen materiellen Verlangen loslösen und den Tod als neue Reise verstehen könnten? Wir den Tod nicht mehr als Feind vom Leben sehen würden, den es gilt zu bekämpfen? Ist es nicht auch ein verlorener Kampf, wenn doch klar ist wer am Ende siegt?

 

Mit dem Tod ist es wie mit vielen Dingen im Leben: umso mehr wir wissen, desto weniger macht es uns Angst. Darum sollten wir uns öfter mit der Endlichkeit des Lebens auseinandersetzen. Wir sollten den Tod als Chance verstehen, um unser Leben durchdacht zu gestalten. Was macht uns froh? Wer ist uns wirklich wichtig? Wie möchte ich, persönlich leben, sodass ich am Ende zufrieden auf die gelebten Jahre zurückblicken kann?  Im Grunde genommen sterben wir unser ganzes Leben lang. Mit jeder Zeiteinheit, mit jeder Tat kommen wir unserer Endlichkeit näher. Du – Ich – Wir werden alle sterben. Doch möchte ich sagen können, dass ich all das gelebt habe, was ich leben wollte. Und selbst wenn wir das alles am Ende aufgeben müssen, ist es doch tröstlich, dass wir es überhaupt hatten. Dieses Leben, denn ich lebe so richtig gern!

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Kommentare: 1
  • #1

    Silas (Donnerstag, 12 Dezember 2019 23:28)

    "Wir sterben unser Leben lang."